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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 239: Beendigungsvergleich VII - Wettbewerbsverbot, Betriebsrente, Darlehen, Herausgabeansprüche

Der Fall

    Der gekündigte Arbeitnehmer Tantalus leidet Qualen wegen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Er hat eine neue, tolle Stelle und möchte sie sofort antreten. Der alte geschaßte Forstarbeiter Philemos möchte wenigstens seine betriebliche Altersrente in einem Beendigungsvergleich für seine zukünftige Witwe Baucis gesichert wissen.
    Der Fährmann Charon hat seines Hades-Pfennige seinem bisherigen Arbeitgeber Zeus als Darlehen gegeben und möchte beim Ausscheiden das Geld zurück. Arbeitgeber Zeus dagegen hat die Ausbildung der Persephone bezahlt. Da diese als Unterweltherrscherin aus dem Arbeitsverhältnis entfleuchte, will er die Ausbildungskosten zurück.

Die Lösung

1. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

    In verschiedenen Branchen finden sich für Arbeitnehmer in den Arbeitsverträgen Vereinbarungen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot von 1 oder 2 Jahren. Dies gilt vor allem bei Handelsvertretern, Geheimnisträgern, Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, Kalkulatoren und kundenbezogenen Tätigkeiten.
    Ein solches nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist für den Arbeitgeber in sehr vielen Fällen bei genauer Rechnung nicht lukrativ, da er eine hohe Karenzentschädigung zahlen muß. Es ist deshalb durchaus möglich, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Beendigungsvergleich auch die Aufhebung oder Verkürzung oder Minimierung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes vereinbaren. Tantalus muß ein entsprechendes Angebot machen, ggf. als Gegenleistung auf Abfindungsanteile verzichten, wenn die neue Stelle für ihn so wichtig ist.
    Achtung: Wird das Wettbewerbsverbot übersehen und eine Schluß-Abgeltungsklausel vereinbart, so kann das Wettbewerbsverbot einschließlich der Pflicht zur Zahlung von Karenzentschädigungen damit erlöschen!

2. Betriebsrente

    Der alte Philemon muß sich nicht sorgen, sofern seine Betriebsrentenanwartschaft zum Zeitpunkt der Kündigung unverfallbar ist. Nach § 1 b Betriebsrentengesetz bleiben Betriebsrentenanwartschaften erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Rentenfalles, aber nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens 5 Jahre bestanden hat.
    Die Betriebsrentenanwartschaft kann deshalb in einem Abwicklungsvertrag aufgenommen werden, sie muß es aber nicht. Die unverfallbare Anwartschaft ist gesetzlich gesichert.
    Nur dann, wenn der Arbeitnehmer eine lediglich verfallbare Anwartschaft hätte, könnte der Arbeitgeber freiwillig vertraglich die Aufrechterhaltung der Anwartschaft zusichern. In der Regel besteht dafür aber kein Anlaß.
    Formulierungsvorschlag:
    „Etwaige Betriebsrentenanwartschaften des Arbeitnehmers bleiben durch diesen Vergleich unberührt“.

3. Darlehen

    Soweit noch Darlehensansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer oder umgekehrt aus dem Arbeitsverhältnis bestehen, ist eine Aufnahme in den Vergleich, wie auch eine Regelung der Zahlungsmodalitäten von großer Wichtigkeit. Fährmann Charon muß also darauf achten, seine Hades-Pfennige wieder zurückzubekommen. Sollte eine Abgeltungsklausel abgeschlossen werden ohne eine entsprechende Regelung, könnte der Darlehensanspruch damit untergegangen sein.

4. Ausbildungskosten

    Sofern der Arbeitgeber die Weiterbildung oder Zusatzausbildung von Mitarbeitern finanziert, finden sich oft in Arbeits- oder Tarifverträgen Rückzahlungsklauseln. Danach sind bei Kündigung durch den Arbeitnehmer die Ausbildungskosten in den ersten Jahren nach der Ausbildung nach einem bestimmten Schlüssel zurückzuzahlen.
    In der Regel besteht ein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers jedoch dann nicht, wenn er selbst betriebsbedingt das Arbeitsverhältnis gekündigt hat.
    In jedem Falle ist es bei Bestehen einer solchen Streitfrage wichtig, daß die Parteien dieses Problem möglichst einvernehmlich im Beendigungsvergleich regeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Ratenzahlung Platz greifen soll.
     

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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug