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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 135: Hilfe Kündigung - Soll ich klagen? (2)

Der Fall:

    Arbeitnehmer Friedrich Schiller und die gekündigte Annette von Droste-Hülshoff überlegen, ob sie gegen ihre Kündigung und den schwierigen Arbeitgeber Gottlob klagen sollen, dem sie ohnehin nicht mehr vertrauen. Wenn sie klagen, wie geht das? An wen wendet man sich? Wichtiger noch: Wie hoch sind die Kosten, die auf die dann vielleicht arbeitslosen Arbeitnehmer zukommen?
    Andererseits ist die Frage: Was geschieht, wenn die Kündigung nicht angegriffen wird? Gibt es Nachteile beim Arbeitsamt, gar eine Sperrfrist?

Die Lösung

5. Weitere Nachteile bei Klageverzicht

    Oberster Grundsatz bei Kündigung ist für den Arbeitnehmer:
    Wer Nachteile vermeiden will, muß stets darauf achten, daß die vertragliche, tarifliche oder gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten ist.
    Nach § 143 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die der Arbeitslose normalerweise Anspruch auf Arbeitsentgelt hat. Dies gilt insbesondere für die Zeit der Kündigungsfrist.
    Ist die Kündigungsfrist nicht eingehalten, so verzichtet der Arbeitnehmer für diese Zeit auf Arbeitsentgelt. Deshalb ruht dann sein Arbeitslosengeldanspruch gemäß § 143 SGB III für diese Zeit.
    Akzeptiert der Arbeitnehmer dagegen eine fristgerecht ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung, so liegen in der Regel keine Nachteile über den Verlust des Arbeitsplatzes hinaus vor. Anders ist es bei einer verhaltensbedingten Kündigung. Hier wird die Arbeitsplatzsuche in jedem Falle erschwert. Außerdem gibt es Schwierigkeiten beim Arbeitsamt (Sperrzeit).
    Im Falle der Kündigung wegen Krankheit können Nachteile für den Arbeitnehmer bei der weiteren Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt entstehen. Ist der Arbeitnehmer jedoch wirklich erkrankt, so entstehen jedenfalls von seiten des Arbeitsamtes keine Probleme.

6. Sperrzeit

    Nach § 144 Abs. 1 SGB III kann das Arbeitsamt eine Sperrzeit von 12 Wochen gegenüber dem Arbeitslosen und seinem Arbeitslosengeldbezug verhängen, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst (einvernehmliche Beendigung) oder durch ein arbeitsvertragswidriges vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten Anlaß für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung gegeben hat.
    Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld.
    Dies bedeutet, daß bei einer verhaltensbedingten Kündigung des Friedrich Schiller wegen Mobbing und Zuspätkommen eine Sperrzeit von 12 Wochen von seiten des Arbeitsamtes eingehalten werden kann. Damit muß Schiller in jedem Falle rechnen.

7. Wie hoch sind die Prozeßkosten?

    Die eigentlichen Prozeßgebühren sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren geringer als bei den meisten anderen Gerichten. Die Gerichtsgebühr beträgt zwischen 10 Euro und maximal 500 Euro bei einem Streitwert von mehr als 12.000 Euro.
    Die Gerichtsgebühren und die baren Auslagen des Gerichts (Zustellungskosten, Sachverständigenkosten, Zeugenkosten) muß derjenige zahlen, der den Prozeß verliert.
    Vergleichen sich die Parteien, so fallen in der Regel keine gerichtlichen Kosten, insbesondere keine Gerichtsgebühren an.
    Ausnahme: Kosten durch Sachverständige oder auch Zeugen. Bevor diese Kosten entstehen, kann jedoch der Kläger auch seine Klage zurücknehmen, wenn ihm das Kostenrisiko zu hoch ist.

8. Anwaltskosten

    Die größten Kosten des Prozesses sind in der Regel jedoch neben dem eigenen Verdienstausfall die Anwaltskosten, wenn ein Anwalt eingeschaltet ist. Anwaltszwang besteht beim Arbeitsgericht nicht. Die Partei kann auch ohne Anwalt prozessieren.
    Sollte jedoch ein Anwalt eingeschaltet werden, so bestimmt § 12 a Arbeitsgerichtsgesetz, daß jede Seite ihre Anwaltskosten in der ersten Instanz beim Arbeitsgericht selbst tragen muß. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Partei obsiegt oder den Prozeß verliert. Auch bei Obsiegen vor dem Arbeitsgericht muß in erster Instanz der Sieger seine Anwaltskosten und seinen Verdienstausfall selbst tragen.
    Achtung: Es ist deshalb stets ein Rechenexempel, ob und wie prozessiert wird. Es kann durchaus geschehen, daß bei teilweisem Obsiegen oder vergleichsweiser Einigung der Gewinn niedriger ist, als die Anwaltskosten.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug