Hans-Gottlob-Ruehle.de
Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 234: Praxistip Beendigungsvergleich II

Der Fall

    Der kontaktfreudige Arbeitgeber Zeuss wird von seiner Gattin Hera gezwungen, seine persönliche Chefsekretärin Helena zu entlassen. Als Dank für viele schöne Stunden möchte Zeuss der Helena möglichst viel Gutes tun. Die Gaben müssen allerdings aus der Firmenkasse fließen, da Gattin Hera die Haushaltskasse und die privaten Konten führt.
    Rechtsanwalt Sokrates rät zu einem Abwicklungsvertrag in Form eines Vergleiches mit Abfindungszahlung.

Die Lösung

1. Form des Vergleichs

    Zeuss und Helena können einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich schließen. Für den Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches ist jedoch zunächst notwendig, daß Helena nach Ausspruch der Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt.
    Der außergerichtliche Vergleich muß schriftlich geschlossen werden. Nach § 623 BGB bedürfen Auflösungsverträge zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
    Schriftform bedeutet, daß beide Seiten den Vertrag eigenhändig unterzeichnen. Eine Fax-Unterschrift reicht nicht aus, da hier die Unterschrift nur kopiert vorhanden ist! Die elektronische Form (e-mail) ist für Auflösungsverträge gesetzlich ausgeschlossen.
    Der gerichtliche Vergleich hat für die Parteien den großen Vorteil, daß es sich hierbei gleichzeitig um einen Vollstreckungstitel handelt. Bei Nichterfüllung des Vergleiches braucht die berechtigte Partei nicht mehr zu klagen. Sie kann vielmehr sogleich eine vollstreckbare Ausfertigung bei Gericht beantragen und dann den Gerichtsvollzieher einschalten.

2. Vergleichsüberschrift

    Die Überschrift oder Betitelung des Vergleiches ist nicht immer ganz einfach. Es müssen die Rechtsfolgen für die Parteien bedacht werden.
    „Auflösungsvertrag“ oder „Einvernehmliche Beendigung“ beinhalten das beiderseitige Einverständnis mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies führt für die Arbeitnehmerin Helena zwangsläufig zu einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld von 12 Wochen gem. § 144 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III.
    Besser kann „außergerichtlicher Vergleich“ oder „Abwicklungsvertrag“ sein. Doch auch hier ist mittlerweile nach der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stets mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu rechnen, wenn ein außergerichtlicher Abwicklungsvertrag vorliegt.

3. Beendigungsgründe

    Das Arbeitsverhältnis kann entweder einvernehmlich beendet werden oder durch Eigenkündigung der Arbeitnehmerin oder durch Arbeitgeberkündigung. Es ist wichtig, die Beendigungsart und den Beendigungsgrund in den Beendigungsvergleich aufzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beendigungsgrund für die Arbeitnehmerin Helena von Vorteil ist.
    Der Arbeitgeber hat im Falle einer Kündigung grundsätzlich die freie Wahl der Kündigungsgründe. Zeuss mußte nicht wegen der Intervention seiner Gattin kündigen, auch wenn dies der wahre Anlaß war. Er kann auch betriebsbedingt oder krankheitsbedingt kündigen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
    Nachteilig für die Arbeitnehmerin Helena wäre eine verhaltensbedingte Kündigung, z.B. wegen gravierender Vertragsverletzungen, Straftaten im Arbeitsverhältnis etc. Ein solcher Kündigungsgrund wird im Auflösungsvertrag keine Aufnahme finden. Dagegen ist es bei betriebsbedingter Kündigung stets empfehlenswert, diesen Kündigungsgrund im Beendigungsvergleich festzuhalten.
    Dies kann gegenüber der Arbeitsagentur wichtig sein wegen der Frage der Sperrzeit, so wie der Kündigungsgrund auch wichtig ist für zukünftige Bewerbungen bei fremden Arbeitgebern.

4. Formulierungsvorschlag

    Bei Abwicklungsverträgen (nach Arbeitgeberkündigung):
    – Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet/e durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Arbeitgeberseite vom … unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum …
    Bei Aufhebungsverträgen (ohne Arbeitgeberkündigung):
    – Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet/e auf Veranlassung der Arbeitgeberseite unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum …
    Wichtig: „Auf Veranlassung der Arbeitgeberseite“ ist nach § 3 Ziff. 9 Einkommensteuergesetz notwendig, um für die Arbeitnehmerin den Steuerfreibetrag bei der Abfindung zu bewahren.
     

>> Nächste Folge:
<< Zurück zur Übersicht

 

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
Linkverweise ohne Einschränkung/Begrenzung. Bitte kopieren Sie dazu die URL aus der Browserzeile.
Wörtliche Textzitate: Ohne Rücksprache bis 2 Absätze aus bis zu 10 Folgen jew. mit Linkverweis. Weitergehende Textübernahmen nur mit schriftlicher Genehmigung.
Wichtiger Hinweis: Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.
 

Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

STARTSEITE >>

Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug