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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 171: Hartz IV - Allgemeine Grundsätze

Der Fall:

    Winnetou ist alt geworden. Nach einer Entziehungskur ist er jedoch wieder fit und arbeitsfähig, aber dauerarbeitslos. Er bezieht Sozialhilfe.
    Old Shatterhand wurde bei den Karl-May-Festspielen vor 2 Jahren wegen fortdauernder Renitenz entlassen. Er bezieht Arbeitslosenhilfe.
    Buffalo Bill ist durch seine vielen Stürze vom Pferd Teil-Erwerbsgemindert. Er kann noch 4 Stunden pro Tag arbeiten, aber keiner will ihn haben. Sein mißratener Sohn Billy the Kid ist 20 Jahre alt, war aber noch nie länger als 4 Wochen erwerbstätig.
    Alle haben von „Hartz IV“ gehört, keiner weiß aber darüber Bescheid. Was haben die 4 Arbeitslosen zu erwarten?

Die Lösung

1. Neue Rechtslage

    Seit dem 1.1.2005 hat das neue Sozialgesetzbuch II (SGB II), niedergelegt in dem „4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ vom 24. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt II, S. 2954) die Lage und die Leistungen am Arbeitsmarkt radikal verändert.
    Alle reden von „Hartz IV“, doch kaum einer kennt sich aus. Deshalb einige Grundzüge zu den neuen Regelungen und Leistungen:
    Die neue gesetzliche Regelung schafft eine neue Grundsicherung. Diese Grundsicherung enthält eine Zusammenführung einerseits der Arbeitslosen, die keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld besitzen und andererseits aller Sozialhilfeempfänger, die erwerbsfähig sind.
    Diese Empfängergruppen wurden bisher in unterschiedlichen sozialen Leistungssystemen alimentiert. Da beide Systeme vom Steuerzahler finanziert wurden, sind sie nun sinnvollerweise in einem System zusammengeführt worden. Nach § 7 erhalten einheitlich Leistungen nach dem 4. Dienstleistungsgesetz die Personen, die
    – zwischen 15 und 65 Jahren alt sind,
    – erwerbsfähig,
    – hilfsbedürftig und
    – ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben.
    Ausländer haben ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der BRD und erhalten Leistungen, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Asylbewerber sind ausgenommen.
    Wegen der Hilfsbedürftigkeit ist die Erwerbsfähigkeit das entscheidende Kriterium. Deshalb werden auch erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger künftig Arbeitslosengeld II erhalten, wie der alte, aber fitte Winnetou.
    Nur die Sozialhilfeempfänger, die arbeits- bzw. erwerbsunfähig sind, erhalten wie bisher auch weiterhin Sozialhilfe von seiten der Kommune.

2. Bedarfsgemeinschaft

    Leben bei dem erwerbsfähigen Arbeitslosen Angehörige im selben Haushalt, die ebenfalls arbeitslos oder hilfsbedürftig sind, so bilden diese eine „Bedarfsgemeinschaft“. Diese Bedarfsgemeinschaft wird insgesamt vom selben Träger der Grundsicherung abgesichert.
    Soweit die Hilfebedürftigen in der Bedarfsgemeinschaft erwerbsfähig sind, erhalten sie zwischen dem 15. vollendeten Lebensjahr und dem 65. Lebensjahr Arbeitslosengeld II. Die anderen erhalten zur Sicherung des Lebensunterhalts „Sozialgeld“.
    Zur Bedarfsgemeinschaft gehören:
    – die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (und damit ALG II-Empfänger),
    – die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen Kindes,
    – der  nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte oder
    – die Person aus der eheähnlichen Gemeinschaft mit dem Hilfsbedürftigen,
    – der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
    – die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts bestreiten können.
    Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nicht, wer
    – länger als 6 Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist,
    – Rente wegen Alters bezieht,
    – Auszubildende.

3. Leistungsarten

    Das neue Gesetz (Hartz IV) sieht verschiedene Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor. Dazu gehören:
    – das Arbeitslosengeld II,
    – Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts,
    – Leistungen für Mehrbedarf beim Lebensunterhalt,
    – Leistungen für Unterkunft und Heizung,
    – Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit,
    – Sozialgeld,
    – Einstiegsgeld,
    – Zuschuß zu Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug