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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 94: Entgeltumwandlung III - gesetzliche Sicherungen des Umwandlungsbetrages

Der Fall:

    Arbeitnehmerin Serena wünscht eine Entgeltumwandlung, um ihre späteren Altersversorgungsbezüge auf möglichst günstige, lukrative Weise zu erhöhen. Die Entgeltumwandlung gibt ihr steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorteile. Andererseits traut sie ihrer Arbeitgeberin Steffi nicht. Sie fragt sich, ob gesetzliche und andere Sicherungen vorhanden sind, z.B. für den Fall, daß Steffi pleite geht.

Die Lösung

1. Vorzeitiges Ausscheiden

    Die 1. Hürde steht, wenn Serena vor Erreichen der Altersgrenze bei Steffi ausscheidet. Die Altersversorgungsanwartschaft ist nach § 2 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) ratierlich zu berechnen, d.h. nach dem Durchschnitt der geplanten Einzahlungen und Steigerungsraten. Diese können aber im Laufe der Jahre unterschiedlich hoch vereinbart sein.
    Um ungerechte Ergebnisse zu vermeiden, hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 5 a Betriebsrentengesetz bestimmt, daß die unverfallbare Anwartschaft der Arbeitnehmerin im Falle der Entgeltumwandlung nach den bis zum Ausscheidungszeitpunkt tatsächlich umgewandelten Entgeltbestandteilen konkret berechnet wird. Damit ist gesichert, daß Serena bei vorzeitigem Ausscheiden nichts verloren geht. Es ist auch gesichert, daß Steffi als Arbeitgeberin nur die Anwartschaft abtreten muß, die tatsächlich erreicht ist.

2. Betriebsrentenanpassung - § 16 BetrAVG

    § 16 Betriebsrentengesetz verpflichtet den Arbeitgeber, in 3jährigem Turnus zu überprüfen, inwieweit er die Renten der Betriebsrentner entsprechend der Erhöhung der Lebenshaltungskosten erhöhen kann und muß. Diese Betriebsrentenanpassung ist für den Arbeitgeber auf längere Sicht eine teure Angelegenheit.
    Die für den Arbeitgeber zunächst fast neutrale Entgeltumwandlung wird durch die spätere Rentenanpassungspflicht im Einzelfall erhebliche Mehraufwendungen bringen. Das war der Grund, weshalb viele Arbeitgeber sich gegen eine Entgeltumwandlung gesträubt haben. Eine Anpassungsverpflichtung entstand nur dann nicht, wenn durch eine Lebensversicherung eine Einmalkapitalzahlung erfolgte, statt einer Verrentung.
    Da der Gesetzgeber aber eine Verrentung bevorzugt, hat er nunmehr in § 16 Abs. 5 Betriebsrentengesetz bestimmt, daß der Arbeitgeber bei betrieblicher Altersversorgung durch Entgeltumwandlung die Rente zukünftig um jährlich 1 % anzupassen hat. Im Falle der Durchführung der Entgeltumwandlung mittels einer Direktversicherung / Lebensversicherung oder Pensionskasse kann er sich von der Anpassungspflicht befreien, indem er sämtliche Überschußanteile der Lebensversicherung zur Erhöhung der laufenden Leistung verwendet.
    Diese Befreiung von der Anpassungspflicht gilt jedoch nur für Neuzusagen ab dem 1.1.2001 (Wermutstropfen).

3. Insolvenzsicherung / PSV

    Ein hohes Risiko bestand bei der Entgeltumwandlung in der Vergangenheit für den Arbeitnehmer dann, wenn der Arbeitgeber in Insolvenz fiel. Bei Konkurs / Insolvenz waren die entsprechenden Vermögensbestandteile regelmäßig Teil der Insolvenzmasse.
    Dieses Problem ist nunmehr entschärft. Da § 1 a Betriebsrentengesetz die Entgeltumwandlung gesetzlich als neue Form der Altersversorgung vorgesehen hat, ist die entsprechende Anwartschaft oder Rentenforderung auch nach § 7 Betriebsrentengesetz durch den PSV insolvenzgesichert. Das gilt aber nur, sofern eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft vorliegt.
    Nach § 7 BetrAVG und den nachfolgenden Vorschriften sind alle Unternehmen mit Altersversorgungszusagen Zwangsmitglieder beim Pensions-Sicherungs-Verein a.G. in Köln (PSV). Ausnahme: Altersversorgungszusagen über Lebensversicherungen bei Direktversicherungen- Pensionskassen, Pensionsfonds. Diese Solidargemeinschaft zahlt jährlich Beiträge, mit denen die Anwartschaften und Ansprüche aus Insolvenzen aufgefangen werden.
    Zum 1.7.2002 ist eine weitere Verbesserung des gesetzlichen Insolvenzschutzes eingetreten. Der Insolvenzschutz war für Entgeltumwandlung auf eine relativ niedrige Summe begrenzt. Diese Begrenzung ist ersatzlos gestrichen. Es gelten vielmehr die allgemeinen Höchstgrenzen der Insolvenzsicherung auch für die Entgeltumwandlung.

4. Durchführungsformen

    Das größte Risiko der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung besteht dann, wenn die Entgeltumwandlung im Wege einer Direktzusage oder einer unternehmenseigenen Unterstützungskasse durchgeführt wird. In diesem Falle ist zunächst offen, ob der Arbeitgeber überhaupt die notwendigen Rückstellungen für die Altersversorgungszusage erbringt. Falls er keine Gewinne erwirtschaftet, kann er auch keine Rückstellungen machen. Es bleibt weiter offen, ob bei erfolgter Rückstellung im Rentenfall diese Rückstellungen tatsächlich noch vorhanden sind.
    Solche Probleme entstehen bei einer Durchführung der Entgeltumwandlung mittels der Direkt-Versicherung / Lebensversicherung, einer Pensionskasse oder eines Pensionsfonds nicht. Hier muß der Arbeitgeber die notwendigen Mittel kontinuierlich an die Lebensversicherung oder die Kasse auszahlen (anwartschaftliches Deckungsverfahren). Diese Durchführungsformen geben dem Arbeitnehmer gerade bei den Geldumwandlungen die größte Sicherheit. Eine ähnliche Sicherheit gibt es noch bei der unternehmensfremden, rückgedeckten Unterstützungskasse.
    Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber in § 1 b Abs. 5 BetrAVG für den Fall der Direktversicherung und der Pensionskasse ein unwiderrufliches Bezugsrecht gesetzlich festgelegt hat. Der Gesetzgeber hat in dieser Vorschrift weiter bestimmt, daß der Arbeitgeber die Überschußanteile der Lebensversicherung nur zur Verbesserung der Leistung verwenden darf. Darüber hinaus muß der Arbeitgeber dem vor dem Versorgungsfall (z.B. vor dem Rentenbeginn) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen einräumen.

>> Nächste Folge: Entgeltumwandlung IV - Steuerersparnis und Sozialversicherungsersparnis - Bewertung
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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug