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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 22: Das Ende der Befristung

Das Ende der Befristung kann insbesondere dann Schwierigkeiten bereiten, wenn eine Zweckbefristung eingegangen war und Zweckerreichung oder der Erfolg streitig ist. Fraglich ist auch, ob der Arbeitgeber jeder Zeit während der Befristung kündigen kann. Schließlich muß auch die Klage vor dem Arbeitsgericht den gesetzlichen Anforderungen genügen.


Der Fall:

    Arbeitgeber Schlangenotto hat die Arbeitnehmer Hering und Fuchs befristet eingestellt. Lagerarbeiter Fuchs ist ohne Sachgrund befristet beschäftigt. Büroangestellter Hering wurde als Vertretung eines beurlaubten Arbeitnehmers beschäftigt. Der beurlaubte Hans Grzimek wollte für ca. 6 Monate auf Großwild-Fotosafari nach Afrika.
    Arbeitgeber Schlangenotto kündigt dem Arbeiter Fuchs schon nach 3 Monaten wegen Unfähigkeit. Fuchs wehrt sich mit der Begründung, daß eine Kündigung im Arbeitsvertrag nicht vereinbart sei. Nach 6 Monaten benachrichtigt Schlangenotto den Hering, daß in Kürze sein Arbeitsverhältnis zu Ende gehe. Großwildfreund Hans Grzimek müsse bald erscheinen, da in Afrika die Regenzeit beginne. Hering arbeitet weiter. Als der braungebrannte Grzimek plötzlich in der Firma steht, teilt Schlangenotto dem Hering mit, daß dieses sein letzter Arbeitstag sei. Hering ist damit nicht einverstanden.


Die Lösung:

1. Kündigung in der Befristung

    § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt die Kündigung während der Befristung. Danach ist die Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses während des Befristungslaufes nur dann möglich, wenn im Arbeitsvertrag die Kündigung vereinbart wurde. Zum anderen ist die Kündigung dann möglich, wenn im Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag mit einer Kündigungsregel gilt. Ein Tarifvertrag gilt dann, wenn er einzelvertraglich vereinbart wurde oder im Betrieb allgemein angewandt wird oder wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Gewerkschaft und Arbeitgeberverband organisiert sind.
    Arbeitgeber Schlangenotto hätte deshalb seinen Lagerarbeiter Fuchs während des Befristungslaufs nur unter diesen Voraussetzungen kündigen können. Da weder eine Kündigung im Arbeitsvertrag vereinbart war, noch ein Tarifvertrag Anwendung fand, ist die Kündigung durch Schlangenotto unwirksam. Fuchs kann sich dagegen gerichtlich wehren.

2. Ende der Befristung

    Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit (§ 15 Abs. 1 TzBfG). Beim Zeitvertrag steht ein Endtermin entweder als Datum im Arbeitsvertrag. Zumindest aber muß sich der Termin durch die vereinbarte Dauer einerseits und den Vertragsbeginn andererseits errechnen lassen.
    Schwieriger ist das Ende eines zweckbefristeten Arbeitsvertrags. Dieser endet mit dem Erreichen des Zwecks. Bei Zweckerreichung muß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich über den Zeitpunkt der Zweckerreichung unterrichten. Das Arbeitsverhältnis endet nach § 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang dieser schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber.
    Arbeitgeber Schlangenotto und Angestellter Hering hatten eine solche Zweckbefristung vereinbart, nämlich die Vertretung des Safarijägers Hans Grzimek. Es reichte nach dem Gesetz nicht aus, daß Schlangenotto dem Hering mitteilte, der Vertragszweck, das Ende des Vertretungsverhältnisses werde “in Kürze” eintreten. Vielmehr mußte Schlangenotto dem Hering eine entsprechende schriftliche Mitteilung nach Zweckerreichung machen.
    Dies geschah nicht. Als Grzimek im Betrieb erschien, war der Vertretungsfall zu Ende. Schlangenotto konnte zwar den Hering vom Dienst entbinden. Er muß jedoch dem Hering eine entsprechende schriftliche Mitteilung machen. Erst zwei Wochen nach Zugang dieser schriftlichen Mitteilung endet das Arbeitsverhältnis. Bis zu diesem Zeitpunkt muß Schlangenotto das Gehalt weiterzahlen.
    Eine unbefristete Verkürzung des Arbeitsverhältnis nach § 15 Abs. 5 TzBfG trat nicht ein, da das Arbeitsverhältnis nach Zweckerreichung nicht fortgesetzt worden ist.

3. Klage vor dem Arbeitsgericht

    Wollen der Angestellte Hering und der Lagerarbeiter Fuchs die Unwirksamkeit ihrer Kündigung bzw. des Beendigungsdatums des befristeten Arbeitsverhältnisses geltend machen, so müssen sie sich an das Arbeitsgericht wenden. Soweit im Falle einer Kündigung das Kündigungsschutzgesetz anwendbar wäre, müßte nach § 4 Kündigungsschutzgesetz binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung geklagt werden. In jedem Falle ist eine schnelle Klage anzuraten.
    Auch bei dem Ende einer Befristung muß der Arbeitnehmer das Arbeitsgericht binnen einer Klagefrist von 3 Wochen anrufen. § 17 TzBfG regelt dies. Will der Arbeitnehmer geltend machen, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam ist oder das Arbeitsverhältnis zu einem anderen Zeitpunkt endet, als der Arbeitgeber meint, so muß der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht erheben. Die Klage muß auf die Feststellung gerichtet sein, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist oder zu einem anderen Zeitpunkt beendet wurde.
    Die Klagefrist von 3 Wochen beginnt bei der Zeitbefristung mit dem Ablauf des Arbeitsverhältnisses. Schwieriger ist es bei der Zweckbefristung, da hier die Zweckerreichung streitig sein kann oder nicht immer klar ist.
    Die Klagefrist beginnt im Falle des Büroangestellten Hering mit der Klärung des Arbeitgebers Schlangenotto, daß nunmehr das Arbeitsverhältnis endgültig beendet sei und er nicht mehr zu kommen brauche. Die Klagefrist beginnt im Falle der Zweckbefristung jedenfalls spätestens 2 Wochen nach dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses.
    Da im Fall des Arbeitnehmers Hering eine solche schriftliche Benachrichtigung fehlt, kann über den Beginn des Fristablaufes gestritten werden. Dem Arbeitnehmer Hering ist ebenfalls zu raten, vorsichtshalber schon innerhalb von 3 Wochen nach der mündlichen Erklärung des Arbeitgebers Klage beim Arbeitsgericht zu erheben.
    Erfolgt die Klageerhebung nicht rechtzeitig, so gilt das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Befristung als beendet. Die verspätete Klageerhebung führt dazu führen, daß der Arbeitnehmer sein Recht auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verliert, sofern die Klage nicht nach § 5 Kündigungsschutzgesetz nachträglich zuzulassen ist.
    Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Klagefrist mit dem Zugang der dann später folgenden Erklärung des Arbeitgebers, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nunmehr beendet worden sei, bzw. nach dem Zugang einer Kündigung. 

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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug